Am 09.12.2019 informierte der Bundesbankdirektor Reinhard Pfaffel, Leiter der Deutschen Bundesbank-Filiale in Regensburg, die Oberstufenschüler des Donau-Gymnasiums Kelheim im Fach „Wirtschaft und Recht“ über die aktuelle Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB).Herr Pfaffel fesselte die Schülerinnen und Schüler gleich zu Beginn seines Vortrags mit der Tatsache, dass ca. 12 Mrd. Deutsche Mark noch nicht in Euro umgetauscht wurden. Die noch im Umlauf befindlichen DM können jederzeit bei der Deutschen Bundesbank in Euro getauscht werden.
Der Bundesbankdirektor erklärte den Schülerinnen und Schülern, dass das vorrangige Ziel der EZB die Gewährleistung von Preisniveaustabilität ist. Diese liegt vor, wenn die Verbraucherpreise im Euro-Raum mittelfristig und im Durchschnitt unter, aber nahe zwei Prozent steigen.
Anschließend erörterte Herr Pfaffel gemeinsam mit den Oberstufenschüleren, ob diese Definition von Preisniveaustabilität heute noch zweckmäßig ist. Der Bundesbankdirektor betonte dabei, dass vor allem deshalb keine Inflationsrate von null Prozent angestrebt wird, da dies aufgrund der Durchschnittsbildung zur Folge hätte, dass einige Euroländer eine Inflationsrate von unter null Prozent haben müssten.
Preisniveaustabilität wird im Euro-Raum mithilfe der Verbraucherpreise gemessen. Es gibt jedoch viele weitere Preisindizes, wie z.B. den Vermögenpreisindex, welcher die Preisentwicklung für Vermögensgüter (z.B. Gold, Immobilien, Aktien, etc.) beschreibt. Der Verbraucherpreisindex enthält beispielsweise keine Immobilienpreise, dies sollte bei der Deutung der Inflationsrate berücksichtigt werden.
Die Inflationsprognose der Europäischen Zentralbank (EZB) für das Jahr 2021 liegt bei 1,6 %. Herr Pfaffel lässt die Schülerinnen und Schüler beurteilen, ob damit das Ziel der Preisniveaustabilität erreicht werden würde. Hierbei äußern sich die Jugendlichen unterschiedlich. Während einige Schüler meinen, dass 1,6 % sehr nahe an „unter, aber nahe 2 %“ dran sind, meinen andere, dass der Abstand zwischen 1,6 % und 2 % viel zu groß ist. Der Bundesbankdirektor wies die Vortragsteilnehmer darauf hin, dass dies eine Frage der Bewertung sei. Nach Ansicht des ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi, wäre die Preisniveaustabilität bei einer Inflationsrate von 1,6 % nicht erreicht.
Neben der „normalen“ Inflationsrate gibt es auch die sogenannte Kerninflationsrate. Bei der Kerninflation werden der Effekt des Ölpreises und die Preisentwicklung unverarbeiteter Nahrungsmittel nicht berücksichtigt. Die Ölpreisentwicklung hat einen starken Einfluss auf die Inflationsrate, zudem schwankt der Ölpreis massiv. In einer EZB-Ratssitzung vor ein paar Monaten wurde beschlossen, dass für Preisniveaustabilität auch die Kerninflation nahe, aber unter 2 % liegen sollte, um kurzfristige Schwankungen auszuklammern.
Die Inflation und die Kerninflation sind derzeit weit entfernt von der angestrebten Zielmarke von „unter, aber nahe 2 %“, daher verfolgt die EZB momentan eine sehr lockere Geldpolitik und hat dabei auch auf die Quantitative Lockerung zurückgegriffen. Die Geschäftsbanken müssen beispielsweise derzeit einen Negativzins von 0,5 Prozent bezahlen, wenn sie Geld bei der EZB lagern. Dies hat dazu geführt, dass einige Banken die Negativzinsen an Großkunden weitergeben.
Herr Pfaffel diskutierte mit den Wirtschaftsschülern auch den Vorschlag des „Helikoptergeldes“. Hierbei würde die EZB z.B. jedem Bürger im Euro-Raum einen Geldbetrag überweisen, damit die Menschen mehr konsumieren, um damit idealerweise letztendlich die Inflationsrate zu erhöhen. Wirkungslos ist ein solches Helikoptergeld dann, wenn die Menschen das geschenkte Geld nicht ausgeben sondern sparen.
Abschließend gab Herr Pfaffel den Schülerinnen und Schülern noch einen guten Rat mit. Er erklärte, dass bei der Geldanlage „Rendite“ und „Risiko“ untrennbar miteinander verbunden sind, d.h., eine hohe Rendite ohne Risiko gibt es nicht.
Der Bundesbankdirektor bezog die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe gekonnt in seine Ausführungen mit ein und erklärte ihnen die geldpolitischen Zusammenhänge sehr spannend und anschaulich.
Fotos und Text: Kathrin Albersinger