USA Update: „A House Divided“ – Zerbricht die Einheit der Nation?

Foto: I. Kronfeldner
Nach einem Jahr coronabedingter Pause kam die Q 11 des Donau-Gymnasiums wieder in den Genuss eines Vortrags von Dr. Markus Hünemörder. Am 14. Oktober wurde der Dozent von der LMU München und Mitarbeiter des Amerika-Hauses München von Schulleiter Dr. Schmid und der Organisatorin Inge Kronfeldner begrüßt.

Titel des Vortrags in der Reihe seiner berühmten USA-Updates war: “A House Divided”. Präsident Lincoln lieferte Hünemörder diesen Titel, denn 1858 hatte dieser in einer der berühmtesten Reden der amerikanischen Geschichte die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft in Befürworter und Gegner der Sklaverei mit der These „A house divided against itself cannot stand“ aufgezeigt. Die düstere Vorahnung bewahrheitete sich, 1861 bis 1865 bekämpften sich Nord- und Südstaaten unerbittlich.

Laut Hünemörder stehen sich jetzt wieder zwei Amerikas unerbittlich gegenüber, wobei jedes für sich in Anspruch nimmt „the real America“ zu sein. So bekämpfen sich gebildete Städter mit der Landbevölkerung, schwarz und weiß und arm und reich. Und die Konflikte nehmen zu: durch die Covid-Problematik, durch religiöse Differenzen, die sich in der Abtreibungsdebatte zeigen oder durch soziale Konflikte wie in der Gleichberechtigung von homosexuellen Lebensgemeinschaften. An „social stress“ leiden die Amerikaner. Der Grund: Amerika ist in seinen Grundfesten erschüttert. Erstens, weil der amerikanische Traum – der Glaube, jeder könne allein mit Hilfe des eigenen Willens den Aufstieg schaffen – zerbrochen ist und zweitens, weil es aufgrund des demographischen Wandels in ein paar Jahren keine weiße Bevölkerungsmehrheit in den USA mehr geben wird. Zwar war der soziale Unfriede schon seit Jahren zu spüren, doch wurde und wird er befeuert durch die Präsidentschaft Trumps und durch manche Medien, die Trump immer noch eine Bühne bieten und mit ihrer reißerischen Berichterstattung die Konflikte anheizen. Der „Macho Man“ Trump, wie er von seinem besten Nachahmer Alec Baldwin in einem Videoausschnitt gezeigt wurde, mag seine Zugänge zu Twitter, Facebook oder Youtube verloren haben, seiner Beliebtheit hat das anscheinend keinen Abbruch getan. Zu mächtig ist er – laut Hünemörder – noch in seiner Partei der Republikaner. Zwei Dinge würden seine Parteigenossen fürchten: Seine Rache und Verluste bei den Primary Elections, die schon nächstes Jahr stattfinden.

Der derzeitige demokratische Präsident Joe Biden mag, so Hünemörder, hehre Ziele verfolgen, indem er billionenschwere Hilfspakete im Rahmen seines „Build Back Better Acts“ auflegte, die amerikanischen Familien Unterstützung geben, die Folgen der Corona-Pandemie abmildern und den Klimawandel stoppen sollen. Doch sein Problem sei die geringe Mehrheit der Demokraten im Kongress, der Bidens Reformen verabschieden müsste, und die Uneinigkeit in der demokratischen Partei selbst. Zwar hatte Biden viele Maßnahmen Trumps sofort in den ersten Tagen seiner Regierung stoppen können, wie den Bau der Mauer zu Mexiko oder das Einreiseverbot für Muslime, doch sei die Immigrationspolitik immer noch das heißeste Eisen der US-Politik. In 30 Jahren hat es hierzu keine Reformen gegeben.

Auch in der Außenpolitik leidet die Biden-Administration an den Altlasten. Amerikas Position hat durch Trump großen Schaden genommen. Die amerikanische Vorherrschaft ist zu Ende, den Führungsanspruch in der Welt muss Amerika aufgeben, denn seit Trump fürchtet eben diese nichts mehr als amerikanische Alleingänge. Zwar geschah der Rückzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan nicht auf Bidens Initiative hin, aber die Folgen seien „die schlimmste Katastrophe“ seiner Politik.

Dr. Hünemörder mit OStD Dr. Schmid | Foto: I. Kronfeldner

Bidens Präsidentschaft steht auf dem Spiel. Düster die Prognose: entweder er schafft es noch dieses Jahr, seine „trillion projects“ durchzubringen oder gar nicht, denn die Mehrheit im Kongress wird sich nach den Wahlen im November 2022 ändern.  Dass Vizepräsidentin Kamala Harris nicht mehr in Erscheinung tritt, ist laut Hünemörder auch ein Grund für Bidens schwache Position. Der älteste Präsident in der Geschichte der USA bräuchte dringend die erste weibliche Vizepräsidentin an seiner Seite. Und Amerika könnte sie u.U. als 47. Präsidentin brauchen. Einen positiven Ausblick für die Demokraten gab Hünemörder auch nicht als Antwort auf die Schülerfrage, wer denn dann ein Kandidat wäre. Die Demokraten hätten nun mal keine „good reserve for candidates“. Dass Hünemörder mit seinen Thesen schon oft Recht behalten hat, konnte man an der Wahl Trumps sehen. Bleibt zu hoffen, dass das „house divided“ doch noch den Weg zueinander findet, über die Parteigrenzen hinweg.

OStRin Sabine Schmöller für die Fachschaft Englisch