Wie kann es sein, dass sich der bis über beide Ohren in Hermia verliebte Lysander plötzlich kurz vor der Hochzeit in eine andere verschaut, und die wunderschöne Feenkönigin Titania ihr Herz an einen mittellosen Weber, dessen Kopf noch dazu dem eines Esels gleicht, verliert? Hier geht es eindeutig nicht mit rechten Dingen zu, doch in den Tagen vor der Sommersonnenwende ist alles möglich.
Die bewegende Geschichte von Hermia und Lysander wurde den Schülern der 11. und 12. Jahrgangsstufen am Montag, dem 13.02.2023 vom renommierten White Horse Theatre präsentiert. Abigail, Ariane, Joseph und Matthew, die vier Schauspieler des Wandertheaters, die nach einer nur 5-wöchigen Probenphase bereits seit September letzten Jahres durch Deutschland touren, verwandelten ab 8:15 Uhr die in der Turnhalle aufgebaute Bühne mit Hilfe weniger Requisiten in den sagenumwobenen Zauberwald aus dem Stück A Midsummer Night’s Dream.
Dieses zwischen 1595 und 1598 zum ersten Mal aufgeführte Stück Shakespeares, zeichnet sich durch verwobene Handlungsstränge und teilweise verwirrende Personenkonstellationen aus. Während sich zu Beginn Theseus, der Herzog von Athen, auf die Hochzeit mit der besiegten Amazonen-Königin Hippolyta vorbereitet, und die verschlungenen Beziehungen zwischen den jungen Athenern Lysander, Hermia, Helena und Demetrius erklärt werden, wechselt die Handlung bald zum Elfenkönig Oberon, der im Streit mit seiner Frau Titania liegt.
Neben Theseus und Hippolyta soll auch Hermia am vier Tage später stattfindenden Neumond heiraten, allerdings nicht etwa ihren geliebten Lysander, sondern den von ihrem Vater ausgewählten Demetrius. Doch damit nicht genug, auch Demetrius hat eine Verehrerin, die er durch seine äußerst schroffe Art abwehren möchte – Helena, seine frühere Verlobte.
Die Verwirrung ist komplett als sich Oberon an seiner Frau, der Feenkönigin Titania, rächen möchte, indem er sie zusammen mit seinem treu ergebenen Diener, dem Kobold Puck, mit einem Zauber belegt. Dafür machen sie sich die Eigenschaften einer besonderen Blume zu Nutze, deren Saft, auf die Augen einer schlafenden Person geträufelt, bewirkt, dass sich diese zum Zeitpunkt des Erwachens unsterblich in die erste Person verliebt, die sie sieht.
Durch den Zauber verliebt sich Titania in den Schauspieler Nick Bottom, den der Kobold zuvor schelmenhaft mit einem ersten Zauber belegt hat, so dass er nun einen Eselskopf trägt. Diese Szene gefällt dem Publikum besonders – wirkt der eselsköpfige Schauspieler doch generell schon sehr plump, so kann man sich nun gar nicht mehr vorstellen, wie sich eine Feenkönigin in ihn verlieben könnte. Der Zauber soll ebenfalls bei Demetrius angewandt werden, doch durch ein Missgeschick Pucks wird Lysander mit dem Liebeszauber belegt und ist plötzlich in Helena verliebt. Alles scheint verloren, niemand kann mehr glücklich sein, die Spannungen zeigen sich schließlich, wie für das damalige Weltbild unausweichlich, auch in Form von Naturkatastrophen wie dichtem Nebel, Fluten und Ernteausfall. Die sogenannte Grüne Welt scheint unterzugehen und alle Charaktere irren aufgebracht und wutentbrannt umher. Aufgrund dieser verschiedenen Charaktere müssen die vier aus Glasgow, Dundee, Harrogate und Oxford stammenden Schauspieler immer wieder innerhalb kürzester Zeit nicht nur in veränderte Kostüme, sondern vollkommen andere Rollen schlüpfen. Dabei geben sie später an, dass ihnen an Auftritten in Deutschland und insbesondere in Bayern das höfliche und viel applaudierende Publikum sowie die Gegend gefallen. In Großbritannien seien die Zuschauer während der Aufführung angeblich sehr laut, würden zum Schluss nur einmal kurz applaudieren und schließlich schnell wieder aus dem Theater verschwinden.
Doch zum Schluss dieser Aufführung am DGK, wurden sie mit einem tosenden Applaus bejubelt. Wie in Marriage Plays der Zeit Shakespeares üblich, wird nach allem Ärger und dem noch so tief sitzenden Groll die natürliche Ordnung letztendlich wieder hergestellt, sowohl in der Feenwelt als auch am Hof von Theseus, und jeder hat den Eindruck, alles sei nur ein Traum gewesen – ein Midsummer Night’s Dream eben.
Text und Fotos: Dr. Nadine Meier