“The Simpsons and American Society” or “Life, Liberty and the Pursuit of the Perfect Donut”

Am Donnerstag, 24. Oktober, referierte Dr. Markus Hünemörder, Amerikanist an der LMU München, vor rund 190 Schülern der Q11 und Q12.

„Oh Marge, cartoons don’t have any deep meaning. They’re just stupid drawings that give you a cheap laugh.” (Homer Simpson)

Aber da liegt Homer laut Dr. Hünemörder falsch. Wenn Homers Behauptung stimmen würde, wären die Simpsons nicht so erfolgreich und könnten in diesem Jahr nicht ihr 30-jähriges Jubiläum feiern. Die Simpsons sind die Show, die sich auf dem amerikanischen (konservativen!) Sender Fox mit bisher 31 Staffeln am längsten behauptet. Inzwischen wurde Fox von Disney übernommen – eine Tatsache, die schon 1998 in einer Simpsons-Folge vorhergesagt wurde.

Jede der mittlerweile über 600 Folgen ist voller Anspielungen auf die amerikanische Kultur, Geschichte, Politik, Religion und Philosophie. Die Simpsons sind keine Zeichentrickserie für Kinder – ja, es gibt auch reinen Slapstick und running gags, die Kinder amüsieren – aber sie sind viel mehr als bloße Unterhaltung. Ihre Vielschichtigkeit offenbart sich eigentlich erst nach mehrmaligem Ansehen. Die Cartoon-Serie hat zwar das Format einer amerikanischen Sitcom, ist aber in erster Linie Satire und greift respektlos alles an, das sich als Zielscheibe eignet.

Dabei ist die Stadt Springfield, die irgendwo in „Middle America“ liegt, eindeutig als Metapher für die amerikanische Gesellschaft zu sehen. Die Serie befasst sich mit höchst kontroversen Themen wie Wahlen, Einwanderungsproblematik, globale Erwärmung und Donald Trumps Präsidentschaft, um nur einige zu nennen. Dabei werden typischerweise alle Facetten eines Themas beleuchtet, ohne für jemanden Partei zu ergreifen. Die Simpsons sind zwar sicher nicht konservativ, aber political correctness ist Ehrensache.

Jede Folge beginnt mit der gleichen Anfangsszene (Homer kommt nach Hause) und enthält Varianten wiederkehrender Gags: Bart muss in der Schule eine Strafarbeit an der Tafel abarbeiten, die Couch der Familie ist ein zentrales Element, und typischerweise sind auch Gastauftritte von Prominenten keine Seltenheit. In einer Folge zum Beispiel, in der die Simpsons nach Großbritannien reisen, haben der damalige britische Premierminister Tony Blair und die Schriftstellerin J.K.Rowling ihre Cartoon-Figuren selbst synchronisiert.

Die Folge „Bart’s Friend Falls in Love“ parodiert die ersten beiden Indiana Jones – Filme und  typische Steven Spielberg – Elemente. Die höchst erfolgreiche amerikanische TV-Serie „Cheers“ (hier spielt eine Bar eine zentrale Rolle) wird in „Flaming Moe’s“ auf die Schippe genommen. Auch in Springfield gibt es eine Bar „where you can drink your misery away”, zusammen mit Aerosmith, der in dieser Folge einen Gastauftritt hatte.

Die Simpsons greifen auch ernstere Themen wie die Zerstörung der Umwelt auf: Lisa wird zur Umweltaktivistin und kämpft gegen Atomkraft, Umweltverschmutzung und den Klimawandel. Ihre Bemühungen werden jedoch immer sabotiert oder enden im Lächerlichen.

Herr Dr. Hünemörder zeigte höchst unterhaltsame Ausschnitte aus verschiedenen Episoden: über den Schulausflug zum Springfield-Gletscher, Lisas Kampf gegen die globale Erderwärmung in „The Good, the Sad and the Drugly“ und ihren Vortrag mit dem Titel „An Irritating Truth“ (in Anspielung auf den Spaghetti-Western „The Good, the Bad and the Ugly“ mit Clint Eastwood und Al Gores Film „An Inconvenient Truth“).

Im Jahr 2000 prophezeiten die Simpsons, dass Donald Trump Präsident werden würde – ohne zu ahnen, dass ihr Witz im Jahr 2016 bittere Wahrheit werden sollte. Überhaupt ist Donald Trump eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration für die Macher der Simpsons. Allein seine merkwürdige Frisur gibt viel Raum für Spekulationen. Als Homer angeheuert wird, Trump auf einer Wahlkampfveranstaltung zuzujubeln, gerät er aus Versehen in das komplizierte Gewebe auf Trumps Kopf und erlebt einen Alptraum.

Im Laufe der Jahre hat die Serie leider etwas an Biss verloren; nur noch ein paar Episoden pro Staffel sind wirklich satirisch. Natürlich haben sich auch Nachahmer gefunden: Es gibt eine Reihe ähnlicher Cartoon-Serien, wie Family Guy, American Dad und South Park, aber ihnen fehlt der feine Humor und die Vielschichtigkeit. Die Simpsons sind eine Institution, und die rege Teilnahme prominenter Personen an der Serie zeugt von der Ehrerbietung, die den Simpsons in der amerikanischen Kulturlandschaft zuteil wird.

Text und Foto: Inge Kronfeldner