„Auf einem Vulkan lässt sich leben, besagt eine Inschrift im zerstörten Pompeji“ (Günter Kunert)
Die Briefe von Plinius über den Vesuvausbruch 79 n. Chr. sind ein großer Bestandteil des Lateinunterrichts in der 10. Klasse. Wenn man allerdings die Texte ’nur‘ übersetzt, können sich die katastrophalen Ausmaße des Ausbruchs durchaus surreal anfühlen. Deshalb führte die Fachschaft Latein vor einigen Jahren eine Studienfahrt an den Golf von Neapel für die Lateinschüler dieser Jahrgangsstufe ein. Heuer gingen wir Anfang Juni auf die Reise, um so der Antike etwas näher zu kommen.
Unsere Unterkunft befand sich in der Küstenstadt Sorrent, von wo aus wir jeden Tag einen anderen Ausflug planten. Am ersten Tag stiegen wir auf den ‚Verursacher‘ der tragischen Katastrophe – den immer noch recht aktiven Vulkan Vesuv.
Für alle sichtbar wurde dies an den sogenannten Fumarolen, kleinen Rauchwolken, die aus Spalten im Vulkankegel aufstiegen.
Die tatsächliche Gefahr, die vom Vesuv schon in der Antike ausging, war für die Römer bis zum tragischen Ausbruch im 1. Jh. n. Chr. jedoch unbekannt. Stattdessen nutzten sie die Vorteile dieser herrlichen Gegend, wie den sehr fruchtbaren Boden, und gründeten einige Städte rund um den Vesuv. Eine dieser Städte war der antike Nobelwohnort Herculaneum, dessen Ausgrabungen wir uns noch am selben Tag anschauten, um so einen ersten Eindruck vom antiken Leben zu gewinnen.
Am nächsten Tag war ursprünglich eine Fahrt zum Archäologischen Museum in Neapel geplant. Allerdings bewog uns ein leichtes Erdbeben in den phlegräischen Feldern nördlich von Neapel wenige Wochen zuvor zu einer Programmänderung: Wir erhielten die Möglichkeit, zu der prächtigen und riesigen Villa von Oplontis zu fahren, die erst in den 1960er-Jahren ausgegraben wurde und daher die am besten erhaltenen Wandmalereien der Antike zu bieten hat.
Anschließend besuchten wir das Antiquarium in Boscoreale, ein Museum, in dem wir viel über die verschiedenen Lebensweisen der Römer erfuhren. Für mich war es zum Beispiel interessant zu lernen, dass schon die Römer Parfums verwendeten oder durch unterschiedliche Baustile für verschiedene Temperatur-Klimata in den einzelnen Räumen sorgten. Direkt neben dem Museum war außerdem eine rustikale Villa erhalten, so dass wir auch einen Einblick in die antike Landwirtschaft erhalten konnten.
Und obwohl sowohl Herculaneum als auch diese Villen sehr eindrucksvoll waren, wirkten sie im Nachhinein doch eher wie ein kleiner Vorgeschmack auf die riesigen Ausgrabungen der einst verschütteten Stadt Pompeji: Gipsabdrücke von Menschen, nach antikem Vorbild wieder angelegte Gärten und wunderschöne Wandmalereien oder Mosaike brachten uns zum Staunen.
Besonders beeindruckend war für uns die aktuell neue Ausgrabung eines riesigen Hauses, das seit ganz kurzer Zeit erst für Besucher zugänglich ist. Aus der Vogelperspektive hatten wir von Metallstegen hoch über den Ausgrabungen einen Blick auf die arbeitenden Archäologen!
Wenn man durch Pompeji geht, fühlt es sich beinahe an wie eine Zeitreise. Fast erwartet man schon einen der Wägen zu sehen, die über Jahre hinweg Spuren in den Straßensteinen hinterlassen haben. Möglich ist das jedoch nur, weil anorganische und auch organische Stoffe durch den Vulkanausbruch konserviert wurden und so von Archäologinnen und Archäologen wieder sichtbar gemacht werden konnten.
Insgesamt war die Pompejifahrt eine sehr interessante Reise, die zum einen eine lehrreiche Erfahrung, aber auch in anderen Bereichen wunderschön war. So verbrachten wir beispielsweise den Abend meist als Abschluss des Tages in Sorrent selbst und konnten dort italienisches Eis und den Sonnenuntergang genießen. Durch diese Mischung finde ich, dass die Studienfahrt an den Golf von Neapel nicht ohne Grund von ehemaligen Teilnehmern als eines der schönsten Erlebnisse in ihrer Schulzeit beschrieben wird.
Hannah Wittl, 10d